Günter UmbergFontfroideA House of Paintings

Public Event
Art Basel
Art Unlimited 2004
Basel
Switzerland
16 Jun21 Jun 2004
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Fontfroide — Ein Bilderhaus

Unter dem Titel Fontfroide realisiert Günter Umberg eine raumgreifende Installation, die modellhaft für eine zukünftige Arbeit steht.
 
Fontfroide beschäftigt sich — der Titel bezieht sich auf das gleichnamige Zisterzienserkloster in Südfrankreich aus dem 12. Jahrhundert — mit wesentlichen Fragen nach der Präsentation und Repräsentation von Kunst im allgemeinen und des Bildes im besonderen. Inspiriert von einem Spielkartenhaus und dem Turm von Wladimir Tatlin von 1920 entwickelte Umberg bereits 2002 anlasslich der Ausstellung Das Museum, die Sammlung, der Direktor und seine Liebschaften im Museum Moderner Kunst in Frankfurt/M. und 2003 zum 20-jährigen Jubiläum der Galerie Rolf Ricke komplex aufgeladene Präsentationsformen, um Arbeiten vor allem anderer Künstlerinnen und Künstler zu “zeigen”.
 
In der Arbeit Fontfroide spitzt Günter Umberg diese Umgangsweise noch zu: Auf der Basis eines Gerüsts aus unbehandelten Vierkanthölzern und verschieden groBen Kuben plant er eine über vier Meter hohe architektonische Struktur. Den Kuben sind ca. 50 Werktitel von ca. 50 Künstlerinnen und Künstlern zugeordnet, die für Umbergs Verständnis von Malerei bedeutsam sind. Würden diese Arbeiten tatsachlich in die Kuben integriert werden, ergäbe sich ein vielschichtiges Gesamtbild: Hintereinander gelehnt und vor allem in den weiterentlegenen höheren Bereichen kaum noch erkennbar, würden sich viele Bilder dem Blick entziehen. Der Themenstellung, welche Bedeutung das gemalte Bild einnimmt und welcher der richtige Umgang damit ist, begegnet Umberg in seiner Arbeit mit einem ganzen Arsenal möglicher Fragestellungen zum Verhältnis Autonomie und Autorenschaft von Kunst und Künstlern.
 
Vielleicht tragen nicht alle der von ihm potentiell eingeladenen Künstlerinnen und Künstler diese Präsentationsweise ohne Widerspruch mit. Günter Umberg sieht darin jedoch keine grundsätzlich negative Haltung, sondern ein weiteres wichtiges und sachliches Argument im aufgeladenen Terrain zwischen künst­lerischer ldentität und gesellschaftlicher Relevanz von Kunst. Fontfroide ist ein kritisch reflektiertes Bilderhaus, mit dem Günter Umberg seinen Künstlerkolleglnnen ein hohes Maß an Wertschätzung entgegenbringt. Und dies im Sinne eines aktiv gehaltenen Fragen-Katalogs über die Möglichkeiten malerischer Haltungen.
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Jan Thorn-Prikker im Gespräch mit Günter Umberg

Günter Umberg, Ihre Baseler Arbeit bezeichnen Sie als Modell? Warum?
 
Das Bilderhaus ist ein Modell, Kunst zum Zwecke der Kunst. Der Turm besteht aus Modulen, die wie ein Rahmenwerk fungieren. Mal groß, mal kleiner, schmal oder breit, mal fast quadratisch, dann wieder hochkant in die gesamte Raumhohe strebend. Sie fügen sich mit den eingestellten Tafeln zu einem Raumgebilde. Die gedachten und angesprochenen Bilder sind somit integraler Bestandteil des Gebäudes.
 
Sie verzichten darauf, das Modell, die Rahmenkonstruktion mit den Werken anderer Künstler tatsächlich zu füllen. In Museum Moderner Kunst Frankfurt haben Sie noch Werke gezeigt, auch wenn diese unsichtbar waren. Radikalisieren Sie lhren Ansatz noch einmal? An der Stelle, an der eigentlich wirkliche Kunstwerke ihren Platz im Bilderhaus finden müssten, stehen jetzt nur Verweise in Form von leeren Bildtafeln. Könnte man ihre Baseler Arbeit als “leere Form” bezeichnen?
 
Der Begriff der leeren Form gefällt mir. In diesem Konzept zielt die Abwesenheit von Originalwerken auf Fragen wie Anwesend- und Abwesendsein, auf Sehnsucht, Erinnern und Vorstellen. Die leere Form ermöglicht mir das eigene Werk mit anderen Werken in eine neue Ordnung übergehen zu lassen.
 
Der Titel der Arbeit bezieht sich auf das Zisterzienserkloster Fontfroide in Südfrankreich aus dem 12. Jahrhundert und verweist auf den Anspruch des Ordens, einen Neubeginn in einer neuen Geistigkeit zu suchen, gegen die Opulenz des Klerus und die rein schmückende Verwendung der Bilder. Das Baseler Bilderhaus stellt Fragen nach der Bestimmung der Bilder. Welche Handlungsfreiheit hat man im Umgang mit den Werken? Vermag der Künstler sein Werk zu entlassen, es in eine andere Verantwortung weiterzugeben?
 
Meine Vorstellungen von Bildern wachsen mit Bildern. Seit vielen Jahren schon ist bereits ein Bilderhaus in meinem Kopf entstanden. Jetzt versuche ich, das, was im Kopf ist, was aus einem Erlebnis der Erfahrung mit Bildern entstand, zum gebauten Bild zu machen. Das Bilderhaus ist ein Archiv, das aus mir heraustritt. Ich trage das schon lange mit mir herum. Das hat sehr viel mit erfahrener Zeit, mit Erfahrung zu tun. Wenn man Bilder liebt, dann lässt man sie auch nicht los.
 
(gekürzte Fassung des Gesprächs vom 15.4.2004)
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